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Handel: Wie der Einkauf bei John Lewis für glückliche Kunden sorgt
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Paul Bestford, ehemaliger CPO für den NHW-Einkauf bei John Lewis Partnership, erzählt uns, wie die Beschaffung zum weltberühmten Kundenservice des Einzelhändlers beiträgt.
Schon seit längerer Zeit steht das britische Handelsunternehmen John Lewis Partnership (JLP) gewissermaßen als Synonym für eine außergewöhnlich gute Kundenerfahrung. Die Marken John Lewis und Waitrose – eine Kaufhaus- und Supermarktkette – finden sich in Bezug auf das Kundenerlebnis dementsprechend regelmäßig unter den Top-Einzelhändlern in Großbritannien wieder.
Ferner zeigt die eigene Finanzberichterstattung von JLP einen sogenannten „Net Promoter Score“, womit die Kundenzufriedenheit und -treue gemessen wird. Im Jahr 2017 betrug dieser +62, verglichen mit +59 im letzten Jahr.
Eine professionell aufgestellte Einkaufsabteilung besteht bei JLP allerdings erst seit relativ kurzer Zeit.
Einkäufer im Einzelhandel, die Produktentscheidungen treffen und Profite generieren, gab es zwar schon länger, aber eine Einkaufsabteilung für Güter, die nicht für den Wiederverkauf bestimmt sind (Nicht-Handelswaren – NHW), existiert im Unternehmen erst seit sieben oder acht Jahren.
„Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Waitrose und John Lewis im NHW-Segment hauptsächlich Waren statt Dienstleistungen im Blick,“ erklärt Paul Bestford, ehemaliger CPO bei JLP und verantwortlich für den NHW-Einkauf bei John Lewis und Waitrose.
„Es gab Mitarbeiter, die Gebrauchsgüter und Kleinigkeiten einkauften, aber der Großteil der Beschaffung erfolgte innerhalb der Fachabteilungen, üblicherweise durch die Budgetverantwortlichen.“
In den dreieinhalb Jahren, in denen Bestford die Abteilung restrukturierte, hat der Einkauf deutlich zu dem weltberühmten und herausragenden Kundenservice von JLP beigetragen. Und dies trotz – oder vielleicht gerade wegen – der Aufgabe des Einkaufs, Wertschöpfung für das Unternehmen zu generieren.
„Ich bin nicht mal sicher, ob es die Aufgabe des Einkaufs ist, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen Wertschöpfung und einem außergewöhnlichen Kundenerlebnis“, sagt Bestford. „Die Beschaffung dient dazu, den Mehrwert zu maximieren, den wir den von uns verkauften Produkten mit auf den Weg geben.“
Mehrwert schaffen
JLP gibt jedes Jahr sieben Milliarden Pfund für Produkte aus, die weiterverkauft werden sollen — darunter Lebensmittel, Möbel und Kleidung. Zusätzlich werden Ressourcen im Wert von mehreren Milliarden Pfund investiert, um diese Artikel zu veredeln.
Dies geschieht beispielsweise durch Produktauswahl, den Transport von Produkten, die Präsentation, das Marketing sowie den Kundenservice in den Filialen. Diese Investitionen sind im Verhältnis 50:50 zwischen den Mitarbeitern des Unternehmens (Teilhabern) und Lieferanten aufgeteilt.
„Die Hälfte des Investments fließt in Gehälter und die andere Hälfte geht an die Lieferanten”, sagt Bestford. „Dies zu verstehen, ist für das Unternehmen von fundamentaler Bedeutung. Denn es stellt den Zusammenhang her zwischen dem Umfang unserer Lohnkosten und unseren Lieferantenkosten, die gleich hoch sind."
„Der Zweck dieses Investments ist exakt derselbe. Wir geben Milliarden an Pfund aus, um die Differenz zwischen den Preisen zu maximieren, zu denen wir die Produkte beziehen und für die wir sie an der Kasse verkaufen.“
Für Güter, die nicht für den Wiederverkauf vorgesehen sind, gibt JLP jährlich 1,5 Milliarden Pfund aus. Rund 60 % davon fließen in Dienstleistungen: Menschen, nicht Produkte. Dazu zählen etwa IT-Berater, Kuriere und Lagerarbeiter.
Die Schwankungen im Geschäft des Einzelhandels – ganz zu schweigen von der berühmten JLP-TV-Werbung vor Weihnachten– führen dazu, dass das Unternehmen in großem Umfang auf Leiharbeit angewiesen ist.
„Wir versuchen, den Mehrwert bei den Produkten, die wir weiterverkaufen, so hoch wie möglich zu halten“, sagt Bestford. „Genauso, wie unsere Teilhaber in den Filialen daran mitarbeiten, die Kundenerfahrung zu optimieren, spielen auch viele unserer Lieferanten eine ähnliche Rolle."
„Das betrifft zum Beispiel Lieferanten, die uns im Marketing unterstützen, Callcenter leiten oder in die Logistik eingebunden sind. Mit vielen dieser Leistungen kommen unsere Kunden direkt in Berührung und sie sind ein entscheidender Faktor zur Gewährleistung des Kundenerlebnisses, sodass unsere Kunden lieber zu uns kommen als zu Tesco oder Amazon.“
Wir geben Milliarden an Pfund aus, um die Differenz zwischen den Preisen zu maximieren, zu denen wir die Produkte beziehen und für die wir sie an der Kasse verkaufen.
Die Sichtweise auf den Einkauf verändern
Ein Vorurteil über die Rolle des Einkaufs hält sich bei JLP allerdings hartnäckig – dass dieser „in erster Linie an Preisen interessiert ist, und dass die beste Vorgehensweise für die Partner diejenige ist, selbst festzulegen, was sie benötigen und nur in Notfällen den Einkauf einschalten. Dann heißt es warten, bis dort entsprechende Bezugsquellen gefunden werden, bevor überhaupt Details mit der Einkaufsabteilung geklärt werden.
„Im Endeffekt ist das so ähnlich, als würde man eine Personalabteilung danach bewerten, ob sie es geschafft hat, dass jeder in diesem Jahr weniger Gehalt bekommt als im letzten Jahr“, erklärt Bestford. „Man würde nicht im Traum daran denken, dies als primäre Bewertungsgrundlage für einen Personalleiter heranzuziehen. Die Realität bei JLP sieht so aus, dass wir natürlich daran interessiert sind, aber dies nicht unsere alleinige Daseinsberechtigung darstellt.“
JLP versucht solche Vorurteile unter anderem dadurch zu überwinden, dass die Wahrnehmung der Mitarbeiter aus den Funktionsabteilungen, wofür der Einkauf eigentlich da ist, geändert werden soll.
„Teilweise geht es da um den Dialog, den ich auf Managementebene im Unternehmen führe“, sagt Bestford. „Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, wirklich gute Beispiele zu finden.“
Mehrwert im gesamten Unternehmen schaffen
Eines dieser Beispiele ist die Entscheidung des Einkaufs, die Lieferanten eng in den Prozess der Gestaltung und Modernisierung der Ladengeschäfte einzubeziehen.
JLP setzt für das Kundenerlebnis auf Drittanbieter – etwa beim Design und der Atmosphäre der Läden sowie bezüglich Marketing und Webseite. Daher hängt das Kundenversprechen auch von der Fähigkeit der Lieferanten ab, großartiges Design, großartige Produkte und damit ein großartiges Erlebnis zu bieten – sowohl direkt als auch indirekt.
Der Input der Lieferanten wird durch die Einkaufsabteilung unterstützt und ist über den gesamten Design-Prozess hinweg elementar.
„Wir haben sehr viele schöne Kaufhäuser, die einen wichtigen Vermögenswert für uns darstellen. Wir müssen dafür sorgen, dass diese modern und frisch bleiben und dadurch sicherstellen, dass das Kundenerlebnis in diesen Läden so gut wie nur möglich ist“, sagt Bestford. „In einem Umfeld, in dem Kunden zunehmend online einkaufen, ist dies eine kostspielige Angelegenheit.“
Normalerweise arbeitet das Team für die Ladeneinrichtung ein Designkonzept aus und übergibt es an Immobilien-Spezialisten. Dort werden die Details sowie der Plan für den Bau erstellt, bevor der Prozess schließlich die Einkaufsabteilung erreicht.
„Indem wir Lieferanten und Einkaufs-Fachleute mit den nötigen Kenntnissen Seite an Seite mit den Teams aus den Bereichen Ladendesign und Immobilien arbeiten lassen, haben wir die Lieferanten an die Spitze dieses Prozesses geholt, inklusive der Diskussion rund um die Belieferung der Filiale. Dies hat uns geholfen, einige fantastische Vorschläge für unsere Kunden umzusetzen.“
„Dies fasst zusammen, was Einkauf bei JLP tatsächlich bedeutet“, sagt Bestford.
„Es geht nicht nur darum, für gegebene Spezifikationen der Produkte den niedrigsten Preis zu erhalten. Es geht vielmehr darum, gemeinsam mit dem Lieferanten-Pool und den Interessenvertretern im Unternehmen die geschäftlichen Anforderungen wirklich im Auge zu behalten und ein noch besseres Kundenerlebnis sowie größere Wertschöpfung möglich zu machen.”
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Innovatives Lieferantenmanagement
Beim Vorhaben des Einkaufs, das Kundenerlebnis zu steigern, ist das Verständnis der Gesamt-Strategie von JLP ein wichtiger Aspekt.
Angesichts klarer Ziele bezüglich Wachstum und Stärkung der Marken muss der Einkauf dringend Neuerungen einführen und innovative Lieferanten finden, die das Unternehmen wirklich voranbringen.
Dies bedeutete auch, Lieferanten zu wechseln. „Wenn wir einen Vertrag mit einem Lieferanten geschlossen haben, haben wir durchschnittlich etwa 50 Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Das ist eher kontraproduktiv, wenn das Ziel lautet, Lieferanten zum Beitrag von Innovationen und Wettbewerbsvorteilen zu bewegen“, erklärt Bestford.
Er fügt hinzu: „Wir schätzen unsere Lieferantenbeziehungen sehr. Es ist jedoch wichtig, eine bewusste Entscheidung zu treffen, nicht einfach den Weg der Rationalisierung der Lieferantenbasis zu wählen, sondern in Ruhe darüber nachzudenken, ob wir die richtigen Lieferanten haben und wie wir unseren Appetit auf Risiko und Innovation steigern können.“
Mehr Innovation bedeutet, die richtige Balance zu finden – im Fokus des Lieferantenmanagements steht vor allem die Weiterentwicklung der Lieferanten und nicht nur reine Kostensenkungen.
Es geht darum, gemeinsam mit dem Lieferanten-Pool und den Interessenvertretern im Unternehmen die geschäftlichen Anforderungen wirklich im Auge zu behalten und ein noch besseres Kundenerlebnis sowie größere Wertschöpfung möglich zu machen.
Die Umstrukturierung der Einkaufsfunktion
Als Bestford zu JLP kam, hatte die Einkaufsabteilung eine universelle Vorgehensweise für alles – einen siebenstufigen Prozess.
„Es war egal, ob es sich um eine dringliche, kurzfristige Bedarfsanforderung handelte oder um ein strategisches Transformationsprogramm – es kam immer derselbe Prozess zum Einsatz.“
Eine Neustrukturierung des Einkaufs bedeutete eine Aufteilung in den operativen Bereich, bei dem der Einkauf das beschafft, was auch immer gerade benötigt wird, und in den strategischen Bereich, der mit langfristiger Einkaufstransformation verbunden ist und bei dem eine strukturiertere Methodik zum Einsatz kommt.
„Dies hat uns durch einige schwierigere Beziehungen mit Lieferanten und Kunden geführt“, so Bestford.
„Was man jetzt erlebt, ist ein verbesserter Service und eine Unterscheidung zwischen dem, was passiert, wenn etwas dringend benötigt wird, und Gesprächen auf einer eher strategischen Ebene, wenn es um komplexere Transformationsprogramme geht.“
Er fügt hinzu: „Dies wird nicht mehr als identisch angesehen. Das hat es uns ermöglicht, konstruktivere und offenere Gespräche mit den Kollegen aus den Funktionsabteilungen zu führen.“
Die Rolle des Einkaufs ist es nicht, Budgets zu kürzen, sondern dafür zu sorgen, dass die Resultate der Investitionen maximiert werden.
Der Einkauf als strategische Funktion
Ein Wandel im Selbstverständnis der Mitarbeiter des Einkaufs war ebenfalls entscheidend dafür, die Abteilung strategisch zur Verbesserung der Kundenerfahrung zu positionieren – ein weiteres Ergebnis der Restrukturierung.
Das Team versteht nun, dass es kein Selbstzweck ist, welche Lieferanten ausgewählt werden, sondern dass dies vielmehr das Unternehmen in seinen strategischen Zielen unterstützt.
„Die Rolle des Einkaufs ist es nicht, Budgets zu kürzen, sondern dafür zu sorgen, dass die Resultate der Investitionen maximiert werden“, sagt Bestford.
„Ich sehe keinen besonderen Konflikt darin, ein außergewöhnliches Kundenerlebnis zu bieten, da der Einkauf sich selbst nicht als reine Kostenreduzierungs-Maschine versteht.“
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[Paul Bestford ist mittlerweile CPO bei Burberry]