Nachhaltigkeit: Von einer vertikalen zu einer horizontalen Betrachtung
Nachhaltigkeit rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie. Immer mehr fortschrittliche Unternehmen erkennen, dass Nachhaltigkeit ein Werthebel ist und dass es nicht mehr ausreicht, Nachhaltigkeit als vertikalen Geschäftsbereich zu betrachten. Traditionelle Nachhaltigkeitsteams, so anpassungsfähig sie auch sein mögen, verfügen nicht über die Bandbreite an Fähigkeiten, Ressourcen oder Einfluss, um es ihren Unternehmen zu ermöglichen, sich so schnell anzupassen, wie es für den Erfolg notwendig wäret.
Führende Unternehmen betrachten Nachhaltigkeit zunehmend als horizontale Geschäftsstrategie und reagieren damit auf die Notwendigkeit, sie in alle Funktionen zu integrieren: von den Finanzabteilungen, die sich mit den aktualisierten Berichterstattungsanforderungen neuer Vorschriften wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) auseinandersetzen, über das Marketing, das eine „grüne Prämie“ anstrebt, bis hin zum Einkauf, der eine zentrale Rolle bei der Umsetzung dieser anspruchsvollen Ziele spielt. Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein Thema für einen bestimmten Teil einer Organisation, sondern für das gesamte Unternehmen.
Wir brauchen einen grundlegenden Wandel in der Lieferkette
Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich schneller als je zuvor. Während sich die Unternehmen auf die Einhaltung der CSRD ab 2025 vorbereiten, ist die Berichterstattung im Rahmen des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) bereits in vollem Gange und wird ab 2026 durch die Einführung der Carbon Credits ergänzt. Zusätzlich werden die neuen IFRS-Regeln viele dieser Elemente in die globalen Accounting-Standards überführen. Und zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts (Juli 2024) hatten bereits 5.695 Unternehmen wissenschaftsbasierte Klimaziele, welche von der Science-Based Targets Initiative (SBTi) validiert wurden, was einem Anstieg von 35% gegenüber 4.205 Unternehmen Ende 2023 entspricht.
Angesichts der anhaltenden makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheit - von Kriegen über Handelsspannungen bis hin zu politischer Instabilität - sind ein rigoroses Beschaffungs- und Lieferkettenmanagement wichtiger denn je. Es ist unwahrscheinlich, ein starkes Unternehmen aufzubauen, solange man die etablierten Produkte, Lieferanten und Lieferkettenstrukturen als den Status quo akzeptiert. Wir brauchen mehr Daten, mehr Transparenz und mehr Veränderung.
„Die Emissionen der Lieferkette machen in der Regel 40-80% der gesamten CO2-Emissionen eines Unternehmens aus und können sogar über 90% erreichen“ - dies wird zwar oft zitiert, ist aber nicht nur eine oberflächliche Aussage: Die kurzfristigen globalen Verpflichtungen bis2030, ganz zu schweigen von den Netto-Null-Zielen, können ohne grundlegende Veränderungen in der Lieferkette nicht erreicht werden.
Bislang waren Nachhaltigkeitsanforderungen an Einkaufsteams und die Lieferketten oft implizit. Jetzt werden sie aktiv formuliert. Die Einkaufsteams werden entweder wachgerüttelt oder, im besten Fall, mit den Mitteln und der Autorität ausgestattet, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Nachhaltige Beschaffung ist daher mehr als nur ein Schlagwort, sie ist Ausdruck einer echten Notwendigkeit, messbare ESG-Ergebnisse in der Lieferkette zu erzielen. Ohne diesen Wandel können Unternehmen weder Compliance noch Wettbewerbsfähigkeit erreichen.
Für viele Unternehmen gibt es jedoch keinen klaren Fahrplan zur Umsetzung, und es bleibt noch viel zu tun - für frühe Vorreiter stellt dies jedoch eine große Chance zur Marktdifferenzierung dar.