Gerade als wir dachten, COVID-19 wäre die größte Krise der letzten zehn Jahre, schlitterten wir auch schon in die nächste Katastrophe: den Krieg in der Ukraine. Die Pandemie hat die Lieferketten weltweit bereits ins Wanken gebracht und die Dringlichkeit von Lösungsansätzen für Lieferkettenstörungen in den Vordergrund gerückt. Die neue Krise verschärft die Lage noch weiter und führt auf allen Märkten zu einem Inflationsanstieg. Lebensmittel sind dabei ein Bereich, der große Unternehmen und einzelne Verbraucher gleichermaßen trifft.  

Warum steigen die Preise gegenwärtig?  

Ein Hauptgrund für den jüngsten Anstieg der Lebensmittelpreise liegt darin, dass die Kosten wichtiger Rohstoffe und Wirtschaftsgüter gestiegen sind. Tatsächlich sind die Ukraine und Russland bedeutende Exportländer. Zum Beispiel stammen 25-30 % der weltweiten Weizenversorgung aus diesen Ländern. Seit dem 24. Februar 2022, dem ersten Tag der Invasion, ist der Preis für Weizen in der EU um 24 % nach oben geschnellt. Russland ist zudem ein führender Produzent von Sojabohnen, Korn und vor allem von Rohöl und Erdgas – deren Preise allesamt massiv gestiegen sind. 

Auch die für die Lebensmittelversorgungskette grundlegende Logistik ist ein weiterer Bereich, der weltweit erheblich erschüttert wurde. Frachtkosten wurden bereits durch die Coronapandemie stark in Mitleidenschaft gezogen und werden infolge der steigenden Kraftstoffpreise weiter nach oben klettern. In einigen Fällen sind die Transportwege für sämtliche Verkehrsträger beeinträchtigt. 

Ein weiteres Beispiel bildet die Kostenentwicklung für Düngemittel, welche für Anbaukulturen und Tierfuttermittel wichtig sind. Die Kosten waren bereits angesichts der höheren Nachfrage während der Pandemie gestiegen. Ähnlich wie Privathaushalte, die sich mit Toilettenpapier, oder Regierungen mit Schutzausrüstung, bevorrateten, entschieden sich viele Länder mehr Düngemittel einzukaufen, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Unterdessen hat sich das Problem interessanterweise von der Nachfrageseite auf die Angebotsseite verlagert: Russland und die Ukraine sind beide bedeutende Lieferanten von Düngemitteln, jedoch werden die Exporte dieses wichtigen Erzeugnisses durch Handelsbeschränkungen und Landvernichtung erschwert. 

Landwirte und Agrarbetriebe stehen nun vor der Entscheidung, ob sie den Einsatz von Düngemitteln rationalisieren oder die höheren Preise an die Kunden weitergeben sollen, was für die Verbraucher höhere Preise für Endprodukte zur Folge hat. 

Was können Einkaufsexperten tun, um Lieferkettenstörungen entgegenzuwirken?  

Wie immer – und nicht nur im Einkauf – lautet die Devise: Wissen ist Macht. Wenn Sie Ihre Lieferkette genau verstehen, sind Sie besser aufgestellt, um die Preise Ihrer Lieferanten nachzuvollziehen und folglich zu verhandeln. Mit dem Wissen, dass 30 % des Preises, den Sie für Ihr Nahrungsprodukt bezahlen, direkt mit einem Preisindex verknüpft ist (wie Weizen oder Reis), befinden Sie sich in einer deutlich besseren Position, um den erwarteten Kostenanstieg zu verstehen. Dieses Wissen wird Ihnen auch dabei helfen, Ihre Lieferanten bei Kostensenkungen zu unterstützen. Wenn Sie zum Beispiel wissen, dass 30 % des Preises Ihrer eingekauften Hühnerbrust auf Futtermittel entfallen, können Sie gemeinsam mit Ihrem Lieferanten Alternativen zu den herkömmlichen Futterquellen suchen. 

Angesichts der wahrgenommenen Bedrohung eines Lieferausfalls verfolgen bereits viele Unternehmen das Ziel, ihre Lieferketten so weit wie möglich lokaler auszurichten – wie während der Coronapandemie. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich nach lokalen Alternativen oder Ersatzlieferanten für Ihre bestehenden globalen Lieferanten umzusehen.   

Der Silberstreifen am Horizont: langfristige Lehren im Bereich des Supply-Chain-Managements

Es gibt tatsächlich eine gute Seite an diesen schwierigen Umständen: Ebenso wie während der Pandemie legen wir mehr Kreativität an den Tag, als wir uns je zugetraut hätten. Dies wird sich langfristig positiv auswirken. 

Beginnen wir damit, dass wir zunehmend auf Nahversorgung setzen, um den Lieferkettenstörungen entgegenzuwirken. Dies bedeutet in der Regel, dass mehr kleine und mittelgroße Unternehmen eingesetzt werden, die deutlich flexibler und agiler sind als viele globale Unternehmen mit erheblichen Gemeinkosten und aufwändigen Geschäftsabläufen. Dies unterstützt wiederum die ESG-Maßnahmen, welche die lokale Wirtschaft fördern und häufig auf Vielfalt abzielen.  

Da Rohstoffe generell knapper sind, werden wir zudem angeregt, sie auf möglichst clevere Art und Weise einzusetzen. Ein Beispiel im Lebensmittelbereich ist die veränderte Toleranzgrenze bei Gemüse, um sicherzustellen, dass wir mehr verwenden und weniger verschwenden. Ein weiteres Beispiel ist die Verringerung der Abhängigkeit von Plastikverpackungen, die auf Kraftstoff angewiesen sind. So werden wir ermutigt, diese weniger bzw. so weit wie möglich effizienter einzusetzen. All diese Ideen helfen, die Folgen der Inflation abzuschwächen und können sich zudem nachhaltig auf den Bereich ESG auswirken, da wir weniger Ressourcen auf intelligentere Weise einsetzen. 

Es gibt zahlreiche Komponenten neben dem Rohstoffpreis, die wir wirksam einsetzen können, um Vorteile zu schaffen und den Folgen der jüngsten Krisen entgegenzuwirken. Gemeinsam mit Ihren Lieferanten können Sie neue Möglichkeiten erforschen, um den Einkaufsprozess oder die Qualität der eingekauften Produkte zu verbessern. Treffen Sie sich mit Ihren Lieferanten, sammeln Sie Ideen und fragen Sie sie, wie sie ihre Abläufe und folglich Ihre Preise ihrer Meinung nach optimieren können. Erst kürzlich haben wir einem Kunden dabei geholfen, seine Kosten um einen zweistelligen Prozentsatz zu senken, indem wir mit seinem Lieferanten an einer Möglichkeit zusammenarbeiteten, die Spezifikationen eines einzelnen Inhaltsstoffes zu vereinheitlichen, der von allen Geschäftsbereichen eingekauft wird.  

All dies sind Beispiele für die kreativen Lösungen, die wir tagtäglich mit unseren Kunden entwickeln, auf den Weg bringen und aufrechterhalten, um auf Herausforderungen wie weltweite Lieferkettenstörungen zu reagieren. Es ist heute wichtiger denn je, dass wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und unsere besten Ideen nutzen, um auf das zu reagieren, was in der Welt um uns herum geschieht. 
 

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